Ich habe einen Beruf. Ich bin Sozialpädagoge. Das sage ich stolz und frei herraus. Meine Berufsbezeichnung ist genauer gesagt “Master of Social Work”. Ein beeindruckend klingender Titel, nicht war? Aber das ist “Head of Facility Management” auch. Also bitte nicht einlullen lassen von einer cool klingenden Berufsbezeichnung. Worauf es doch ankommt ist doch die Qualität der Arbeit, die hinter einer Berufsbezeichnung steht, oder? “Sozialpädagoge ist in erter Linie einfach eine Berufsbezeichnung. Es ist einfach ein Beruf. Ein Beruf, dessen Ausbildungszeit mich 6 Jahre Studium gekostet hat. Jetzt bin ich eine ausgebildete Fachkraft.
Schon während meines Studiums habe ich mich mit anderen Menschen über meinen zukünftigen Beruf als Sozialpädagoge unterhalten. Die meist besprochene Frage war folgende: “Was kann man damit dann mal machen?”. Berechtigte Frage, wie ich finde. Ich habe dann immer aufgezählt. Man kann zum Beispiel mit Jugendlichen arbeiten, mit Menschen mit einer geistig- oder körperlichen Behinderung, mit Familien, mit Suchtkranken oder Alten Menschen, mit psychisch kranken oder auch mit Managern. Im Grunde mit allen Menschen, die zur Bewältigung ihres Lebens, sei es ganz allgemein oder in speziellen Bereichen Hilfe brauchen oder sich Hilfe holen. Wer Anspruch auf Hilfe hat der soll sie bekommen. Mit dieser Antwort waren die meisten Menschen dann zufrieden. “Aha! Du machst also was mit Menschen.”
Was ich selten gehört habe war, dass mein zukünftiger Beruf besonders spannend oder besonders wichtig sei. Immer schwang in der Stimme meiner Gesprächspartner eine latente Abschätzigkeit mit. Das Bild, das von uns Fachkräften in Sozialberufen vorherrscht ist ja bekanntlich recht spröde. Wir reden viel, trinken Tee und aus einem Drang zur Weltverbesserung machen wir uns tendenziell immer ein bisschen wichtiger als wir sind. Dieses (Vor-)urteil habe ich häufig zu spüren bekommen. Am Anfang hat mich das gestört, vielleicht auch ein bisschen gekränkt. Mit der Zeit habe ich allerdings gelernt damit umzugehen. Schließlich musste ich mich, wenn ich ehrlich war, vor niemandem rechtfertigen. Höchstens vor mir selbst. Für mich selbst hatte ich immer das Gefühl einen anständigen und wichtigen Beruf zu erlernen.
Auch wenn sich mein Studium selber, teilweise als eine absolute Katastrophe darstellte, was die Seriöstat unseres Berufes anging (Ich habe hier schon darüber berichtet), so wusste ich stets: Der Beruf, den ich erlerne, ist wichtig und sinnstiftend.
Also: Ich selber war von meinem Berufsziel überzeugt. Andere belächelten mich und meinen Beruf häufig. So war das lange Zeit.
Jetzt hat sich etwas geändert. Wenn ich jetzt von meinem Beruf erzähle sind die Menschen, mit denen ich spreche, meist sofort von meinen Erzählungen fasziniert und lauschen gebannt und voller Ehrfurcht meiner Stimme. Ein Abschätziges “Aha” habe ich schon lange nicht mehr gehört. Vielmehr ein “Wow” oder ein “
“Das ist ja superspannend”. Ich finde das verwunderlich. An meinen Beruf als Sozialpädagoge hat sich nichts geändert. Trotzdem schlägt mir immer wieder Hochachtung und Wertschätzung entgegen. Meistens ab dem Zeitpunkt, wenn ich erwähne, dass viele der Jugendlichen, die ich im Rahmen der Jugendhilfe betreue, junge Flüchtlinge sind, die ohne ihre Eltern nach Deutschland eingereist sind.
Ich betone es nochmal. Mein Beruf als Sozialpädagoge ist immer noch der Selbe: Die Unterstützung von Menschen, die zur Bewältigung ihres Lebens, sei es ganz allgemein oder in speziellen Bereichen, Hilfe brauchen oder sich Hilfe holen. Doch das Verständnis von Notwendigkeit für meinen Beruf hat sich, bei meinen Gesprächspartnern, verändert. Scheinbar ist die Wichtigkeit von Fachkräften, bei der Hilfe von Menschen, in der Wahrnehmung meiner Gesprächspartner auf der Skala nach Oben gerutscht. Ich möchte das nicht verurteilen. Ich stelle das nur fest. Für mich ist das natürlich super. Anerkennung für meinen Beruf zu bekommen ist immer geil. Aber warum ist mein Beruf scheinbar wichtiger geworden, in dem Moment, in dem ich mit Flüchtlingen arbeite? Rein rational macht das keinerlei Sinn. Der Grad der Notwendigkeit für Hilfe sollte, meiner Meinung nach, nicht abhängig von der Zielgruppe variieren. Ein Mensch ist ein Mensch. Ein Mensch der Hilfe braucht ist ein Mensch, der Hilfe bekommen sollte.
Mein berufliches Selbstverstandins setzt vorraus, dass es egal ist, woher ein Mensch kommt, ob er ein Flüchtling ist oder in Deutschland geboren, ob er ein Arsch ist oder ein guter Mensch. Ein Mensch, der einen Anspruch auf fachliche Hilfe hat, der bekommt sie auch: meine fachliche Hilfe. In dem gleichen Maß an Empathie, Zugewandtheit, professioneller Distanz und fachlicher Qualität. Das ist und war seit je her der Anspruch an meinen Berufstand.
Das ist übrigens meine berufliche sowie auch meine private Meinung. Ich gehe davon aus, dass Ihr schon kapiert, dass der Wert eines Menschen nicht von seiner Herkunft abhängen sollte. Da sind wir uns sicher alle einig. Gut. Allerdings bitte ich an dieser Stelle aber auch darum, keinen Unterschied zu machen, wenn es darum geht, wem ich im Rahmen meines beruflichen Handelns meine Hilfe anbiete.
Ganz groß bis auf die üblichen Rechtschreibfehler. Dein Lektor
Wie wahr 😉
Jetzt dürfen wir auch mal Helden sein.
Meinen Respekt hast Du