Esspressomaschine zu verschenken!(Clickbaiting)

Unsere Espressomaschine ist kaputt gegangen. Es war eine Siebträgermaschine der einfachen aber nicht unbedingt schrottigen Art. Der private Kaffeeautomat hat nach unzähligen Litern braunen Gold einfach aufgehört zu arbeiten. Das heiß, gearbeitet hat er schon, nur ohne dabei ein Erzeugnis zu erbringen und das war immerhin die einzige Aufgabe, die mich an diesem Sonntagmorgen interessierte. Schade, er war ein  guter Kamerad gewesen, besonders an Sonntagmorgen.

Ich habe also die Kaffeemaschine aufgeschraubt und ein bisschen her rumgesucht, nach der Ursache. Kann ja nicht so kompliziert aufgebaut sein so eine einfache Espressomaschine. Dinge einfach auszuprobieren, nichts unversucht lassen und keine Scheu vor neuen Aufgaben haben. Das war mein Gedanke. Dass ich mich einfach nicht die Kaffeebohne mit Kaffeemaschinen und deren Reparatur auskenne, merkte ich spätestens an dem Zeitpunkt, als ich mir nach einem kleinen elektrischen Schlag auch die Finger verbrannte.

Ich gab auf. Schnell wieder zu geschraubt. Ein paar Bilder gemacht und ab damit auf ebay-Kleinanzeigen. Kategorie “zu verschenken”. Immer noch besser als einfach in die Tonne damit. Denn so läuft das doch. Nichts hält heutzutage noch ewig und für vieles lohnt sich eine Reparatur allein schon finanziell nicht. Das kann man jetzt kritisieren, stimmt. Doch so sieht es nun mal aus. Ich habe allerdings wirklich keinen Nerv diese Kaffeemaschine zur Reparatur zu tragen, mehrere Tage (ohne guten Kaffee) abzuwarten um dann womöglich so viel Geld für eine reparierte Kaffeemaschine hinzulegen wie für eine neue. Denn auch ein Kaffeemaschinenreparateur muss von irgendwas leben. Das weiß ich. Aber bitte nicht von mir.

Jedenfalls war mir das Ganze zu blöd. Meine freie Zeit ist mir zu wertvoll, als dass ich schwere Kaffeemaschinen durch die Gegend trage. Doch mit der Schaltung der Anzeige machte ich mir mein Leben nicht unbedingt leichter. Keine zwei Minuten, nachdem ich die Anzeige veröffentlichte klingelte mein Handy. Das tat es ab diesem Zeitpunkt nahezu durchgehend.

Wenn es etwas umsonst gibt, stehen die Leute auf der Matte. Für mich ist das klasse, denn so hab ich heute noch Platz in unserer Küche geschaffen. Doch was für Leute sind das, die da auf der Matte stehen?

Die meisten habe ich nicht verstanden. Rein sprachlich. Trotz großer Mühe musste ich oft irgendwann einfach auflegen. So wurde ich angefleht die Maschine zurückzulegen, man würde zu hundert Prozent jetzt sofort vorbeikommen. Ich wurde gebeten die Anzeige zu löschen, da man ja selbst gleich da wäre. Alles in einem bruchstückhaften Deutsch-englisch-gemisch. Es waren 60 anstrengende Minuten, bis mir ein Anrufer in drei Anläufen auf umständliche Art und Weise klar machte, dass er jetzt in meiner Straße stünde. Es war tatsächlich der erste der vielen Anrufer, der sich trotz massiver Verständigungsschwierigkeiten auf den Weg gemacht hatte.

Er beschrieb mir seinen genauen Standort mit Hilfe eines Straßenschildes, vor dem er stehe. Ein Straßenschild, welches vor allem für Feuerwehr oder Haustechnik dort angebracht war und irgendwelche Abstände zu Hydranten, Leitungen oder Fluchtwegen anzeigt. Alles Informationen, die für mich erst im Nachhinein Sinn ergaben. Für die Angabe eines Standortes eher ungeeignet und missverständlich. Als der Anrufer zum vierten Mal anrief, ging ich auf Verdacht und aus dem Wunsch heraus meine Ruhe haben zu wollen, einfach auf die Straße und schaute mich dort um. Tatsächlich sprang ein paar Meter weiter ein älterer Herr mit osteuropäischem Aussehen aus einem alten Kleinwagen, der mit großer Freude und ungelenken Bewegungen die kaputte Kaffeemaschine entgegen nahm. Er schien erleichtert und ich war ein wenig beschämt.

Endlich konnte ich die Anzeige löschen und auch den hartnäckigen Interessenten deutlich machen, dass die Kaffeemaschine nicht mehr in meinem Besitz sei. Das hielt zwar nicht alle Anrufer dauerhaft davon ab, auch noch am Abend anzurufen und mir sogar Geld anzubieten. Für eine Kaffeemaschine, die ich gar nicht mehr hatte. Ein anderer fragte ob es noch mehr gebe. Mehr was? Mehr Kaffeemaschinen oder noch mehr zu verschenken? Es war skurril und beinahe nicht zu glauben.

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Doch warum schreibe ich diese mittelmäßig spannende Geschichte für euch auf? Nicht nur als Zeitvertreib. Eines wurde mir durch diese selbst erlebte Anekdote nämlich deutlich. Dass in der Stadt, in der ich lebe ein krasses Ungleichgewicht herrscht. Ein Gefälle zwischen Menschen wie mir, einem Arbeitnehmer aus der Mittelschicht, der sich den Stress, ein Gerät zur Reparatur zu tragen sparen will und kann, und  Menschen wie meine Anrufer, die sich den Stress geben wollen und müssen, trotz schlechter Sprachkenntnisse um ein kaputtes Gerät zu bitten, in der Hoffnung, dieses möglicherweise selbst reparieren zu können.

Eine Erkenntnis, die ich nicht  gerne wahrhaben will. Besonders dann nicht, wenn ich mir klar mache, dass kein einziger Deutscher bei mir angerufen hat. Die Ausländer nahmen mir an diesem Sonntag weder Frauen noch Arbeitsplätze weg. Alles was sie wollten, war unseren Elektroschrott.

Für mich ein lebendes Beispiel, dass die Mär von Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit weit weg von der Wirklichkeit stattfindet, nämlich nur als naive Theorie. Wirklich gelungene Integration bedeutet für mich nicht, dass es Menschen zweiter Klasse geben darf. Menschen die auf die Abfallprodukte anderer angewiesen sind.

Für mich lieferte dieser Sonntagnachmittag eine Geschichte für meinen Blog. Für den älteren Herren die Möglichkeit durch den Erlös einer reparierten Kaffeemaschine seinen Kühlschrank aufzufüllen. Das ist doch irgendwie scheiße.

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