Man muss nicht umbedingt an den Stand von L.A. fliegen und Fitness- und Körperkult betrachten zu können. Es reicht sich an die Isar zu legen. Dort trifft man sie alle: die Hedonisten, die Nackedeis, die Durchtrainierten, die Tätowierten und die sonst irgendwie Anderen. Zweieinhalb Jahre wohne ich nun in München und ich hab es tatsächlich gestern zum ersten mal an die Isar, dem Ort der München so schön werden lässt und der Ort mit dem Vermieter ihre Wohnung anpreisen, geschafft.
Mit Decke und Trinkflasche nur ohne Sonnenschutz hab ich mir den Sonnenbrand des Jahres abgeholt und dabei allerlei Volk beobachten dürfen. Eines meiner Lieblingsbeschäftigungen. Das sind also die Münchner. Die Leute die bewusst ihren Körper, ihre Sonnenbrillen, ihre Hintern und ihre Modehunde präsentieren. Das ganze getarnt mit dem Vorwand des Sonnenbadens. Nötig haben das nur die Wenigsten. Mein Urteil: Interessant aber nicht sooo sensationell, dass man extra in die Nähe dieses fließenden Gewässers ziehen müsse. Vielleicht sollte ich das nächste Mal einfach einen Freund mitnehmen, dann bin ich nicht so abgelenkt durch die vielen Menschen die mir nicht gefallen. Ich glaub ich bin das ganze falsch angegangen.
Ich kann mir schon vorstellen am Quotennaturanteil der Landeshauptstadt schöne, urbanromantische und fröhliche Stunden zu verbringen. Stunden, die mich die Nackedeis um mich herum vergessen lassen und in denen ich vergessen kann mitten in der Großstadt zu sitzen aber alleine schaffe ich das nicht. Daher: Leute in München, nehmt mich mit ans Wasser! Ich gebe der Isar noch eine Chance…
…Ich könnte es mir niemals leisten jedes Mal Geschenke zu meinen mutmaßlich neuen Mitbewohnern zu tragen. Was teilweise auf den Massencastings auf dem Münchener WG-markt angetragen und aufgeführt wird ist fast schon serienreif. Wer sich nicht anständig präsentiert wird sofort wieder vergessen und wer keine anständig individuell ausgefeilte ich-wäre-interessiert-mail verfassen kann wird gar nicht erst eingeladen zum Besichtigungstermin mit 40 anderen Menschen. Beim casting selber gilt es seinen ganzen Charme spielen zu lassen und auf jeden Fall die cleversten Fragen und Kommentare von sich zu geben. Wem das nicht liegt, von Natur aus oder stimmungstechnisch gesehen, der hat keine Chance. Mein Lieblingssender VOX strahlt eine wundervoll anstrengende Realseife mit dem Titel: „mieten kaufen wohnen“ aus. Was mir persönlich an dieser Sendung fehlt um sie regelmäßig zu konsumieren sind Szenen unter konkurrierenden Mietbewerbern. Man stelle sich vor wie gut das ins Nachmittagsprogramm der Privaten passen würde, wenn Erwachsene Menschen sich höflich aber bestimmt auszustechen versuchen und um die Gunst des konservativen Vermieterpaares buhlen würden. Das ganze dann selbstverständlich schön auswendig gelernt und mit drittklassigen Schauspielern besetzt. VOX: Du darfst die Idee gerne benutzen. Die Wohnungssituation Münchens ist auf alle Fälle tatsächlich so schlimm wie immer wieder geplärrt wird: teuer und erbarmungslos…
…Im Olympiapark ist steigt gerade wieder das beliebte Tollwoodfestival. Mein innerer Sozialpädagoge und Weltfriedensaktivist frohlockt bei dem Gedanken an Biofutter und Ökologisch wertvoller Textilware während der Nörgler in mir die Augen von der Klischeeflut verdreht. Eine Folklore an bunten Freakvolk gemischt mit Schaulustigen. Wer Wahrsagerei nicht offen gegenübersteht, für den sind reichlich Alternativen geboten. Das Intimpiercing kostet nur 30 Euro, bei einer Wartezeit von 14 Minuten. Das reicht gerade gut um sich Indisch-afganisch-schwedische Köstlichkeiten (kulinarischer Art) einzuführen. Diese kosten alle grundsätzlich 5 Euro. Mein Urteil: Schöne Sachen allesamt nur über die Preise lässt sich streiten…
…Alles hat zwei Seiten. Ich kann zu jeder Zeit Biere mit Freunden trinken nur ist das immer wieder eine Frage des Geldes. Zu jeder Zeit kann ich coole Plätze aufsuchen und mich an kulturellen und ästhetischen Kram erfreuen, muss mich aber immer wider mit seltsamen und/oder unfreundlichen Menschen herumschlagen. Dazu gehören meist die Touristen, die mich in meiner gespaltenen Meinung über München latent aggressiv werden lassen, aber nur ein wenig.
So ist das wohl mit dieser Stadt. Ich liebe sie und hasse sie und kann mich nicht entscheiden welches Gefühl überwiegt. Guten Morgen München!