Was hier kommt:
Was hier in mehreren Teilen zu lesen sein wird ist der Ausführliche Reisebericht unseres Trips in die norwegische Hochebene der „Hardangervidda“. Zusammen mit meinem Freund Lennart mit dem ich schon die Alpen im letzten September überradedelt hatte haben wir den Plan gefasst den größten weißen Fleck auf der Europakarte von Norden nach Süden zu durchwandern. Alle Ausrüstung im Rucksack und keine Übernachtungen in Hütten. Eine Woche lang alles was man braucht, auch unser Essen, auf dem Rücken oder am Körper zu tragen. Das war die Mission. Hier kommt der Erste Teil:
Donnertag 28. 11:30 Uhr.
Ausstehen um 3:45 Uhr ist hart aber muss sein. Bock zu Duschen hab ich keinen ich nutzte jede Minute im Bett. Müde und schwitzend wanken wir zu unserer Mitfahrtgelegenheit und fahren zum Flughafen. Hier gibt es erstmal Weißwurscht zum Frühstück. Gleich nach dem Start schlafe ich ein und wache erst wieder auf der Flieger in Hamburg auf dem Boden aufsetzt.
Immer wenn ich auf Reisen bin kann ich nicht richtig aufs Klo. Ich vermute das liegt an der Aufregung. Aufgeregt bin ich und deshalb hab ich jetzt Bauchschmerzen. Das muss sich auf jeden Fall noch ändern. In Hamburg versuchen wir es mit Trockenpflaumen. Hilft erstmal nichts. Zumindest nichts was ich bemerke. Warum ich das hier schreibe? Wenn ich mit allem was mir tendenziell unangenehm sein könnte offen umgehe kann ich mich auch nicht mehr dafür schämen. Darum.
Das Wetter ist schlecht im Hamburg so wie man es von dieser schönen Stadt kennt und wir sind zu müde um die Stadt zu genießen. Wir sitzen im in Fastfood-Restaurants herum und schlafen noch etwa eine halbe Stunde im Sitzen. Irgendwann weckt uns der Mitarbeiter mit seinem Wischlappen. Wir ziehen weiter. Lennart deckt sich mit Lesematerial ein und ich besorge noch eine größere Speicherkarte für die Kamera. Soll ja ein Wander- und Fotourlaub werden.
Wir überbrücken die lange Wartezeit von insgesamt 10 Stunden mit einem nachmittäglichen Kinobesuch. Hoffentlich kann ich noch mal richtig auf‘s Klo bevor es los geht. Komisch, dass die Sachen die einen auf einer Reise beschäftigen eher die einfachen sind.
18:15 Uhr – Endlich im Flieger, raus aus Deutschland
Der Film war unterhaltsam auch wenn wir beide eher müde zugeschaut haben. Eine willkommene Überbrückung der Wartezeit. Nach dem Kino sofort mit der S-Bahn zum Flughafen. In der Lounge noch ein letztes Bier getrunken und noch einmal den deutschen Himmel betrachtet. Etwas zu lange saßen wir dann wohl doch, denn auf unserem Weg zum Gate wurden wir doch tatsächlich ausgerufen. Haben doch tatsächlich einen extra Bus zum Flugzeug gebraucht. Hoffentlich kann ich noch ein wenig schlafen, der Flug nach Oslo dauert etwa eineinhalb Stunden. Auf dem Klo war ich immer noch nicht. Mein armer Bauch.
Wir fragen uns wie das Wetter wird sein wird und wie hell es in Norwegen jetzt noch ist. Gerade ist Mittsommer und das bedeutet, dass es quasi niemals richtig dunkel wird. Morgen um diese Zeit werden wir womöglich schon in der Natur stehen und eventuell schon unser Zelt aufgebaut haben. Doch bis dahin wartet noch ein langer und weiter Weg auf uns. Mit dem Flieger nach Oslo und dann mit Bussen und dem Zug nach „Geilo“. Dort wollen wir den Rest der Nacht verbringen und am Mittag mit unserem letzten Bus nach „Dyranut“ fahren, wo unsere Wanderung beginnen wird.
Schlafen im Flieger ist nicht möglich. Wir befinden uns natürlich über den Wolken und die Sonne scheint heiß und hell durch das kleine Fenster in unsere Gesichter. Lennart ist in sein Buch vertieft und neben uns sitzt ein Norwegisches Ehepaar die fleißig in ihr iPad tippen und sich in einer Sprache unterhalten die ich wirklich nicht verstehe. Zum ersten mal kommt das Gefühl von „Reise“ und „Ferne“ auf und ich komme so langsam richtig auf unserer Reise an. Seit März haben wir diesen Flug gebucht und seit etwa zwei Monaten haben wir erst einen genauen Plan wo wir überhaupt hin wollen und eine klare Vorstellung unserer Route.
Unzählig viel Geld habe ich im Vorfeld bereits ausgegeben. Meinen neuen Rucksack, Wanderkleidung, Unterwäsche und eine neue Isomatte. Unzählige Energieriegel und einige Packungen Fertigessen. Schokolade und der Flachmann dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Mein Rucksack hat jetzt ein Gewicht von etwa 18 kg. Ob ich das 8-9 Tage aushalte ist die große Frage. Auf dem Weg zum Flughafen habe ich auf jeden Fall schon anständig geschwitzt. Wir werden sehen.
Ich vermute uns gerade über Dänemark. Die Landschaft verändert sich zusehends. Immer mehr Seen uns Meeresarme sind zu entdecken. Bald werden wir über das Meer fliegen.
23:47 Uhr – Der Adler ist gelandet.
Ich meine damit sowohl den Flieger als auch mein Verdauungsproblem. Meine erste Amtshandlung als Gast in Norwegen war ein Erfolgreicher Besuch der Flughafentoilette. Damit kann ich dieses Thema wohl auch hier endlich sein lassen.
Jetzt heißt es sehr oft warten. Über den Sommer ist der Bahnhof in Oslo außer Betrieb, das bedeutet wir müssen die Ersatzbusse in Anspruch nehmen. Wir stehen also in Warteschlangen und warten bis wir aufgerufen werden. So ganz sicher ob wir in der richtigen Schlage stehen sind wir allerdings nicht. Norwegisch müsste man eben können.
Endlich sitzen wir im Zug nach Geilo. Bis um halb vier am Morgen das bedeutet, dass wir noch ein wenig schlafen können. Es gibt sogar Packete für die Fahrgäste mit Ohrstöpseln, Decken und Augenbinden. Kein Vergleich zum Bahnfahren in Deutschland. Dort ist nicht einmal die erste Klasse des ICE so komfortabel und großräumig. Wohl gemerkt sitzen wir hier in einem einfachen Regionalzug.
Beim Blick aus dem Fenster fällt mir immer wieder auf wie sehr ich dieses Land mag. Natürlich, die Landschaft ist mit seiner nordischen Vegetation atemberaubend schön aber es ist mehr als das. Es ist das Land als ganzes, mit allem was dazu gehört. Die Holzhäuser, die Gebäude mit ihrer erstaunlichen Architektur und natürlich die freundlichen Norweger. Sogar die Reklamen an den Wänden und die Bushäuschen haben hier einen besonderen Charme.
Ich mache mich jetzt ans Lesen. Mein Begleitbuch zur Reise ist übrigens „der kleine Hobbit“. Fand ich passend, irgendwie.
Freitag der 29.Juni, 5:15 Uhr – Es regnet (nicht zum letzten mal)
Endlich im Schlafsack. Lange sind wir rumgelaufen um den Campingplatz in Geilo zu finden. Dabei haben wir mit erschrecken feststellen müssen, dass die Kameratasche mit unseren beiden Kameras im Zug liegen geblieben ist. Mist. Von der Bahn ist jetzt niemand mehr erreichbar. Ab morgens 7:00 Uhr ist das Servicetelefon wieder besetzt. Bis dahin hilft es nichts, erst mal schlafen und Kräfte tanken. Ich vermute schwer, dass wir morgen den späteren Bus nach Dyranut nehmen werden. Die Stimmung ist gelinde gesagt etwas gedämpft.
12:20 Uhr – Ausgeschlafen…
… so halb vielleicht. Hab es fast nicht aus dem Schlafsack geschafft. Eine Reise ist eben anstrengend. Um sieben Uhr hat Lennart die Servicenummer der Bahn von seinem Handy angerufen angerufen um zu erfahren, dass die richtige Nummer erst ab 10:00 Uhr zu erreichen sei. Also noch einmal schlafen. Diese „richtige“ Nummer ist leider nur auf norwegisch zu bewältigen. Mit Übersetztungshilfe der Dame vom Campingplatz könnte heraus gefunden werden, dass die Kameratasche bisher nicht aufgetaucht ist und auch wenn sie es es noch würde nicht auf unserer Tour dabei sein wird. Alles was in Zügen gefunden wird, wird zentral in Olso gesammelt. Der Idee von unserem Wander- und Fotourlaub wird wohl so nicht hinhauen.
Wir haben unseren Bus nach Dyranut ohne uns fahren lassen und wollen unsere Reise erst am Abend fortsetzten. Wir machen uns einen entspannten Tag um Zelt und versuchen noch etwas das Schlafdefizit auszuholen. Ohne unsere Kameras wir dieses Tagebuch umso wichtiger werden. Alle Erinnerungen und Erlebnisse müssen wohl schriftlich festgehalten werden. Als Notlösung haben wir für besondere Momente immer noch unsere Handykameras.
Wenn schon für einen Campingplatz bezahlen, dann auch mitnehmen was geht. Ich nutzte noch einmal die Möglichkeit für eine warme Dusche und benutzte die gratis Flüssigseife besonders großzügig. Außerdem gönnen wir uns ein Frühstück vom Buffet. Mit gewaschenen Körper und vollem Bauch sieht die Welt auch bei Regen schon ganz anders aus.
16:15 Uhr Zwischenstand
Wir haben mit der Kameratasche auch unseren Tabak verloren. Auf die Feierabendzigarette wollen wir aber nur ungerne verzichten und so machen wir noch einige Besorgungen. Tabak für umgerechnet 12 Euro, Benzin für unserem Kocher und einige Lebensmittel aus dem Supermarkt. Die Preise sind schon gemein hoch im Vergleich zu München von dem ich bisher immer dachte, dass es teuer sei.
Wir verbringen unsere letzten Minuten in der Zivilisation mit dem Schreiben von Postkarten und in Gedanken an die kommende Woche. Nicht mehr lange dann kommt der Bus und es wird so richtig abenteuerlich.
19:45 Uhr – Im Bus
Es wird wohl tatsächlich abenteuerlich. Wieder erwarten liegt hier noch eine ganze Menge Schnee herum und die Seen sind zum großen Teil noch zugefroren. Wir blicken aus dem Busfenster fragen uns ob das wohl gut geht. Wir haben beide ganz schön Schiss bekommen.
20:45 Uhr – Angekommen
Wir steigen aus dem Bus und sind uns einig. Es wird wohl richtig gemein werden. Das Thermometer zeigt 6°C und wir sind schon fleißig am frieren. Es liegt quasi zu 50% noch Schnee und mir drängt sich die Frage auf wie wie die roten Wegmarkierungen finden sollen. Die Vorfreude weicht schlagartig einer großen Unsicherheit. Geht das überhaupt? Kann man das tatsächlich bringen, jetzt da rein zulaufen?
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Vom Fenster der Gäststätte in der wir unsern letzten Kaffe trinken blicken wir etwas ratlos auf die Weite, die sich vor uns erstreckt. Eine Schneebefleckte Hügellandschaft, scheinbar endlos weit überdeckt von einer Wolkendecke, die nur bedingt einen Blick in die Ferne zulässt. Wir haben jetzt 20:50 Uhr und es ist hier so hell wir bei uns zuhause am späten Nachmittag. Wir sind uns jetzt schon einig, dass wenn wir das hier durchziehen unsere übrigen Tage der zwei Wochen nicht in dieser unwirtlichen Gegend verbringen wollen. „Gleich geht es los.“ sagt Lennart und das stimmt. Gleich nach dem Kaffe geht es los.
… Fortsetztung hier
5 Gedanken zu „Wandern in Norwegen – Teil 1“